Samstag, 2. Juli 2016

Oyasumi nasai!

Ein Hoch auf das Familienbett!







Ich erinnere mich gerne und oft an meine Zeit in Japan. 
Besonders in Erinnerung geblieben sind mir unsere Futons. 
Damals war es in den meisten japanischen Haushalten üblich, auf Futons zu schlafen. 
Diese waren tagsüber in großen Schränken hinter Schiebetüren verstaut. 

Anders als hierzulande, schlafen viele japanische Kinder in einem Raum mit ihren Eltern. 
Häufig sogar mit der Mutter auf ein und dem selben Futon. 
In Japan wird dieses "co-sleeping" auch „Soine“ genannt. 
Soine hat nicht nur eine lange Tradition, sondern ist nach wie vor aktuell. 
 Zwar ändern sich aufgrund des stärker werdenden westlichen Einflusses wohl unter anderem auch die Schlafgewohnheiten der Japaner. 
Umfragen nach zu urteilen, schlafen jedoch immer noch bis zu 80% der Familien bis zum frühen Schulalter der Kinder gemeinsam auf den elterlichen Futons.  Es gibt viele Abhandlungen darüber, warum und wieso dies in Japan so ausgeprägt ist.
Als Beispiel am Rande sei nur die stetige Gefahr von Erdbeben genannt, bei der ein gemeinsames Schlafzimmer ein schnelles Handeln ermöglicht.


Mein Vater erzählt häufiger davon und meines Erachtens sprechen auch die Bilder Bände. 
Am Ende der Nacht lag selbstverständlich keines der Kinder mehr da, wo es eingeschlafen war. 
Mit steigender Kinderzahl, glich das Ganze mehr einem Wurf Hundewelpen, die quer und übereinander auf Futon, Tatamimatten und Eltern verteilt lagen. 


Spuren der Verwüstung in den Papierwänden der Schränke. Angeblich sind diese Schäden in den Schrankwänden durch nächtliche Martial-Arts Attacken der Abgebildeten Personen entstanden.



























Auch wenn es hierzulande keine Erdbeben gibt, die ein gemeinsames Schlafen in einem Bett rechtfertigen, haben wir uns ungewollt meinen Wurzeln angepasst. 
Wir handhaben das "eurasisch"....
Meine Vierteljapaner schlafen nämlich mittlerweile zumindest in ihren eigenen Betten ein. 
Irgendwann in beinahe jeder Nacht, höre ich dann jedoch tapsende Schritte und kurz darauf erscheint eine Silhouette nach der anderen im Türrahmen. 
Die finden ihren Weg tatsächlich blind und mit geschlossenen Augen. 
Wie in einer Art Trance. 
Ich lüfte im Halbschlaf die Decke, ein kleines Etwas nach dem anderen schlüpft darunter, man vernimmt ein erleichtertes, dankbares und irgendwie auch herzerwärmendes Seufzen, welches dann schnell in gleichmäßige Atemzüge übergeht. 
Okay-wer kann da schon Nein sagen?

Man kommt nicht umhin, sich in solchen Momenten wie eine Glucke zu fühlen, die ihre 
(meist viel zu warmen) Kinder unter die schützenden Flügel nimmt. 
Und ich gebe zu, dass ich so richtig ruhig nur bin, sobald die Beiden schliesslich da sind. 
Das Gefühl hält jedoch in der Regel nie lange an. 
Denn spätestens, wenn links und rechts von mir die zwei kleinen Heizungen anfangen glühende Hitze abzustrahlen und ich, in erzwungener Seitenlage, mittendrin auf maximal 30 cm hart zu verteidigender Fläche liege und als Dank für meine mütterliche Hingabe, Ellenbogen und Tritte in Rücken oder Gesicht kassiere, stellt sich mir dann doch die Frage, wie lange das wohl noch so weitergeht...und ob ich eigentlich bescheuert bin und an üblem Gedächtnisschwund leide.

Ich bin weder schwanger, noch stille ich, aber es ist wohl die allumfassende Mama-Demenz, eine Art kognitive Verzerrung, die wohl jede Mutter kennt und neben Geduld und Liebe die wohl wichtigste Sache darstellt, um den manchmal verrückten Alltag mit Kleinkindern bestehen zu können. 

Manchmal scheint es mir eine sehr reizvolle Option, einfach mal mit meinem Mann die Seiten zu tauschen.
Aber kein Schlaf der Welt entlohnt auf so entzückende Weise.


Die Zeiten in denen ich einen Wecker brauchte, sind längst Vergangenheit. 
Weil mit 100%iger Sicherheit noch vor sieben Uhr ein Kind, das nie verschlafen klingt, mich mit einem glasklaren und glockenhellen Stimmlein
„ Hallo Mama, gut Mooooorgen“ wecken wird. 
Und mich dabei so anstrahlt, dass sämtliche Strapazen der Nacht ziemlich schnell wieder in den Untiefen meines Gedächtnisses verschwinden. Tja….und täglich grüßt das Murmeltier.